Eine aktuelle Studie mit Beteiligung zahlreicher DZL-Wissenschaftler zeigt erstmals, dass Zigarettenrauch die Aktivität des Immunoproteasoms vermindert. Zudem weisen Lungen von Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) geringere Mengen an Immunoproteasom auf. Dies könnte dazu beitragen, dass COPD-Patienten anfälliger gegenüber Atemwegsinfekten sind.
Die Publikation ist kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“ erschienen.
Das Immunoproteasom spielt in den Zellen des Körpers eine wichtige Rolle. Es ist ein zylinderförmiger Proteinkomplex, der Informationen über Fremdkörper sammelt. Insbesondere zellfremde Eiweißmoleküle, wie etwa die von Viren, zerlegt das Immunoproteasom – ähnlich einem “Schredder“ – in kleinere Bestandteile. Diese Partikel werden dem Immunsystem anschließend auf der Zelloberfläche präsentiert, um es für diese Strukturen zu sensibilisieren und entsprechende Abwehrmechanismen vorzubereiten.
Das Forscherteam um PD Dr. Silke Meiners (DZL-Standort Comprehensive Pneumology Center, München) fand nun heraus, dass Rauchen diesen Schutzmechanismus des Immunsystems entscheidend behindert. „Bei Experimenten mit Immunzellen konnten wir beobachten, dass Zigarettenrauch die Aktivität des Immunoproteasoms vermindert“, so Erstautorin Ilona Kammerl (Doktorandin am Comprehensive Pneumology Center, München). „Dadurch funktioniert das Präsentieren der zerkleinerten Proteinschnipsel gegenüber dem Immunsystem schlechter und die spezifische Immunantwort wird abgeschwächt.“
Zudem wiesen Lungen von COPD-Patienten geringere Mengen an Immunoproteasomen auf. „COPD-Patienten erleben bei einer viralen Infektion häufig eine akute Verschlechterung der Lungenfunktion, von der sie sich oft nicht vollständig erholen. Dies deutet darauf hin, dass die spezifische Immunantwort gegenüber viralen Erregern in diesen Patienten vermindert ist. Unsere Daten weisen erstmals darauf hin, dass dies mit einer durch Zigarettenrauch verminderten Immunoproteasom-Aktivität zusammenhängt“, betont Studienleiterin Meiners. Zigarettenrauch ist als einer der Hauptrisikofaktoren für die Entstehung einer COPD bekannt.
Die Wissenschaftler wollen nun prüfen, ob eine geringere Aktivität des Immunoproteasoms als Biomarker für die erhöhte Anfälligkeit gegenüber viralen Infektionen bei COPD dienen könnte. Weitere Studien sollen klären, ob die Veränderungen im Immunoproteasom auch in Blutzellen nachweisbar sind und dies mit einer erhöhten Infektanfälligkeit zusammenhängt.
Auch als therapeutische Zielstruktur könnte sich das Immunoproteasom eignen. „Eine gezielte Steigerung der Aktivität des Immunoproteasoms könnte vorteilhaft sein, um eine effizientere Immunantwort bei Virusinfekten hervorzurufen und damit einer Verschlechterung der Lungenfunktion bei COPD-Patienten entgegenzuwirken“, erklärt DZL-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Oliver Eickelberg, Direktor des Comprehensive Pneumology Centers in München.
PD Dr. Silke Meiners
Helmholtz Zentrum München,Comprehensive Pneumology Center,
Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung
Max-Lebsche Platz 31
81377 München
Tel. +49 89 3187 4673
E-Mail: silke.meiners@helmholtz-muenchen.de
Ilona E Kammerl, Angela Dann, Alessandra Mossina, Dorothee Brech, Christina Lukas, Oliver Vosyka, Petra Nathan, Thomas M Conlon, Darcy E Wagner, Hermen S. Overkleeft, Antje Prasse, Ivan O Rosas, Tobias Straub, Susanne Krauss-Etschmann, Melanie Königshoff, Gerhard Preissler, Hauke Winter, Michael Lindner, Rudolf Hatz, Jürgen Behr, Katharina Heinzelmann, Ali Ö Yildirim, Elfriede Noessner, Oliver Eickelberg, and Silke Meiners (2016). Impairment of immunoproteasome function by cigarette smoke and in COPD. American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine. DOI: 10.1164/rccm.201506-1122OC
Quelle: Helmholtz Zentrums München