Der Schleim in den Atemwegen ist weniger zäh, die Entzündung in der Lunge geht deutlich zurück: Diese positiven und langanhaltenden Effekte kann eine Dreifachtherapie bei Patienten und Patientinnen mit Mukoviszidose erzielen. Das belegen Forschende des DZL an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und am Max Delbrück Center jetzt in der Fachzeitschrift European Respiratory Journal. Die Medikation lindert demnach die Lungenerkrankung bei vielen Betroffenen.
Bereits vor zwei Jahren zeigte eine Forschungsgruppe unter Leitung der Charité, dass die Kombinationstherapie mit den drei Wirkstoffen Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor für einen großen Teil der Patient:innen mit der Erbkrankheit Mukoviszidose wirksam ist, also die Lungenfunktion und Lebensqualität spürbar verbessert. Jetzt hat das Team um Prof. Dr. Marcus Mall, damaliger und aktueller Studienleiter, erstmals untersucht, inwiefern diese Therapie auch langfristig, das heißt über mindestens zwölf Monate hinweg, hilft. Dafür haben die Forschenden das Sputum, das Atemwegssekret, genauer betrachtet. „Bei Patienten und Patientinnen mit Mukoviszidose ist der Schleim in den Atemwegen sehr zäh, weil er zu wenig Wasser enthält und die schleimbildenden Moleküle, die sogenannten Muzine, zu stark chemisch miteinander verklebt sind. Der daraus resultierende zähe Schleim verstopft die Atemwege, erschwert damit die Atmung und führt bei den Betroffenen zu einer chronischen bakteriellen Infektion und Entzündung der Lunge“, erklärt Prof. Mall, Direktor der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin und des Christiane Herzog Mukoviszidose-Zentrums der Charité.
Die Forschenden zeigen in der aktuellen Studie, dass die Dreifachtherapie mit Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor bei Patienten mit Mukoviszidose, auch Cystische Fibrose genannt, dafür sorgt, dass das Atemwegssekret weniger zäh ist und die Entzündung und die bakterielle Infektion in der Lunge abnehmen. „Und das über die gesamte Dauer der Studie von einem Jahr. Das ist deshalb so bedeutsam, weil frühere Medikationen wieder zu einem Anstieg der Bakterienlast in den Atemwegen geführt hatten“, erläutert Dr. Simon Gräber, ebenfalls von der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin der Charité und Co-Leiter der Studie. An dieser nahmen 79 Jugendliche und Erwachsene mit Mukoviszidose und einer chronischen Lungenerkrankung teil.
„Das ist ein toller Erfolg für die Behandlung der Cystischen Fibrose“, sagt Mall. „Gleichwohl können wir noch nicht von einer Normalisierung oder gar Heilung der Patienten sprechen. Chronische, über viele Jahre der Erkrankung entstandene Lungenveränderungen lassen sich leider nicht rückgängig machen.“ Für Betroffene mit einer fortgeschrittenen Lungenerkrankung bleiben deshalb etablierte Behandlungsansätze mit Inhalationen von schleimlösenden Medikamenten und Antibiotika sowie Physiotherapie wichtig.
„Wir werden weiterhin intensiv daran forschen, wie Therapien, die Mukoviszidose über die krankheitsverursachenden molekularen Defekte angreifen – wie die jetzt untersuchte Dreifachmedikation – noch effektiver werden können. Hierzu gehört insbesondere ein früher Therapiebeginn im Kleinkindalter mit dem Ziel, chronische Lungenveränderungen möglichst zu verhindern“, berichtet Mall. „Außerdem steht diese Therapie für rund zehn Prozent unserer Patienten aufgrund ihrer genetischen Voraussetzungen aktuell nicht zur Verfügung“, ergänzt Gräber. „Daher forschen wir auch mit Hochdruck an neuen molekularen Therapieansätzen, um alle Menschen mit Mukoviszidose effektiv behandeln zu können.“
Zudem arbeiten die Wissenschaftler:innen daran, die Fehlfunktion des Schleims bei Mukoviszidose besser zu verstehen und neue schleimlösende Wirkstoffe zu entwickeln. Davon könnten dann ebenfalls Patienten und Patientinnen mit häufigen chronisch-entzündlichen Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD profitieren.
Über die Dreifachtherapie
Seit August 2020 ist in Europa eine Kombination aus den drei Wirkstoffen Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor erhältlich, die die Lungenfunktion und Lebensqualität von Patientinnen und Patienten mit dem häufigsten Gendefekt F508del spürbar verbessert. Die Therapie kommt damit für knapp 90 Prozent der Mukoviszidose-Betroffenen infrage. Seit Anfang 2022 kann die Dreifachtherapie schon bei Kindern ab sechs Jahren eingesetzt werden.
Originalpublikation
Schaupp et al. Longitudinal Effects of Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor on Sputum Viscoelastic Properties, Airway Infection and Inflammation in Patients with Cystic Fibrosis. European Respiratory Journal (2023). doi: 10.1183/13993003.02153-2022