Neue Therapien zur Behandlung des Basisdefekts und die Therapie von Diabetes bei Mukoviszidose standen im Mittelpunkt…
Über 180 Patienten, Angehörige und Behandler kamen am 4. Februar zum 15. Symposium des Mukoviszidose-Zentrums Heidelberg (DZL-Standort TLRC-H) zusammen. Die Experten des Heidelberger Teams präsentierten anschaulich aktuelle Ergebnisse aus der Forschung und neue Erkenntnisse zur Behandlung der Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF). Im Mittelpunkt standen neue Therapien zur Korrektur des Basisdefekts* und Neues zu Diagnostik und Therapie des Diabetes mellitus bei Patienten mit Mukoviszidose.
Bereits heute hat in Deutschland mehr als die Hälfte der Patienten mit Mukoviszidose das Erwachsenenalter erreicht und es wird erwartet, dass die Anzahl an erwachsenen Patienten in den nächsten Jahren deutlich weiter zunehmen wird. Durch immer bessere Behandlungsmöglichkeiten der Mukoviszidose einschließlich der Einführung von Therapien, die die Funktion des CFTR-Gens wiederherstellen bzw. verbessern, ist mit einer deutlichen Steigerung der Lebensqualität und Lebenserwartung der Betroffenen zu rechnen. Das Gesundheitssystem muss sich auf die Versorgung von Erwachsenen mit Mukoviszidose und auf die damit verbundenen Herausforderungen einstellen. Im Rahmen der Begrüßung appellierten DZL-Vorstandsmitglied Professor Marcus Mall (siehe Foto unten, Mitte), Leiter des Mukoviszidose-Zentrum Heidelberg, und Dr. Sabine Wege, Ärztin und Leiterin der Mukoviszidose-Ambulanz für Erwachsene der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg (siehe Foto, links), daher an alle Anwesenden die aktuelle Petition zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung von Mukoviszidose-Patienten zu unterstützen.
DZL-Wissenschaftler PD Dr. Olaf Sommerburg vom Mukoviszidose-Zentrum Heidelberg präsentierte eine Übersicht zur Wirkung der neuen Therapien des CF-Basisdefekts in Abhängigkeit von Art und Schweregrad der CFTR-Mutationen. Mit den sogenannten CFTR-Modulatoren kann die Funktion der veränderten CFTR-Chloridkanäle zumindest teilweise repariert und der Basisdefekt somit kausal behandelt werden. Mit den derzeit verfügbaren Medikamenten kann die CFTR-Funktion abhängig von den vorliegenden Mutationen auf bis zu 30 % des Normalen aktiviert und damit bereits eine Verbesserung der Lungenfunktion und Stabilisierung des Gesundheitszustands erreicht werden. Eine Heilung ist mit den bisher verfügbaren CFTR-Modulatoren jedoch noch nicht möglich. Daher ist es äußerst wichtig, dass die anderen Therapien, wie die regelmäßige Inhalationstherapie, Physiotherapie und Ernährungstherapie unverändert fortgeführt werden. Darüber hinaus stehen an den DZL-Standorten Heidelberg, Gießen und Hannover neue Untersuchungsverfahren wie die Messung der CFTR-Funktion in der Rektumschleimhaut zur Verfügung, mit deren Hilfe das individuelle Ansprechen auf eine Therapie mit diesen neuen CFTR-Modulatoren festgestellt werden kann.
Mukoviszidose ist eine Multiorganerkrankung, bei der es auch zur Entwicklung eines Diabetes kommen kann. Diabetes ist eine bekannte Komplikation bei CF, die zwar selten bei Kindern und Jugendlichen, aber etwa bei jedem vierten Erwachsenen mit CF auftritt. Anhand von Fallbeispielen wurde bei der Tagung dargelegt, dass die Entstehung und der Verlauf des CF-Diabetes zwischen Patienten sehr variieren kann. So ist Diabetes bei CF aufgrund des oft schleichenden Beginns in der Regel schwieriger zu diagnostizieren als der im Kindesalter viel häufiger auftretende Typ I-Diabetes. Auch für den Verlauf der CF-Lungenerkrankung ist eine frühzeitige Diagnosestellung und gute Blutzuckereinstellung von großer Bedeutung. Zu Besonderheiten der Diagnostik und Therapie des CF-Diabetes bei Kindern und Erwachsenen sowie den aktuellen Therapiemöglichkeiten berichteten Dr. Jürgen J. Grulich-Henn, Kinder-Diabetologe am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg, und Dr. med. Dagmar Weise, Diabetologin am St. Josefskrankenhaus Heidelberg.
Die Gefahren des Passivrauchens bei CF, welches mit einer Verschlechterung der CFTR-Funktion einhergeht, wurden von DZL-Wissenschaftlerin Dr. med. Mirjam Stahl, Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin am Mukoviszidose-Zentrum Heidelberg, dargelegt. Zu Indikationen und Zielen der Sauerstofftherapie und nicht-invasiven Beatmung bei Mukoviszidose referierte Dr. Nicolas Kahn von der Thoraxklinik Heidelberg. Die aktuell am Mukoviszidose-Zentrum Heidelberg laufenden und geplanten klinischen Studien wurden von der Studienkoordinatorin Iris Kühbandner vorgestellt. Diese Studien dienen dazu, die Wirksamkeit und Sicherheit neuer Medikamente zu überprüfen und zur Verbesserung der Therapie der Mukoviszidose verfügbar zu machen. Sie werden in der Durchführung wesentlich durch das Deutsche Zentrum für Lungenforschung unterstützt.
Abgerundet wurde das diesjährige Symposium mit einem Beitrag der Gruppensprecherin der Regionalgruppe Heidelberg-Mannheim des Mukoviszidose e.V., Anja Titze, die über aktuelle Projekte des Mukoviszidose e.V. und ihre Tätigkeiten als Mitglied im Patientenbeirat berichtete. Darüber hinaus informierten Sozialarbeiterinnen des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg über die für CF-Patienten wichtigen Änderungen in der Pflegeversicherung.
Dr. Birgit Teucher
Zentrum für Translationale Lungenforschung Heidelberg (TLRC)
Im Neuenheimer Feld 156
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 56-4296
E-Mail: birgit.teucher@med.uni-heidelberg.de
Prof. Dr. Marcus A. Mall
Ärztlicher Direktor Abteilung Translationale Pneumologie
Zentrum für Translationale Lungenforschung Heidelberg und Leiter Sektion Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Mukoviszidose-Zentrum
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Tel.: 06221/564502 Fax: 06221/564559
E-Mail: Marcus.Mall@med.uni-heidelberg.de
* Der Basisdefekt ist eine gestörte Elektrolyt-, also Salzleitfähigkeit von Zellen, die auf eine Fehlfunktion des CFTR-Kanals (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator), dem Regulator der Transmembran-Leitfähigkeit bei Mukoviszidose beruhen. Mittlerweile sind circa 2.000 Mutationen im CFTR-Gen bekannt.
Neben der Einführung der ersten CFTR-Modulatortherapie für Patienten mit der häufigsten Mutation F508del war die Einführung des deutschlandweiten Neugeborenenscreenings auf Mukoviszidose ein wichtiger Meilenstein in 2016, um die Diagnostik zu verbessern und eine möglichst frühe Therapie zu ermöglichen. Bei der Einführung des CF-Neugeborenenscreenings hat das Heidelberger Mukoviszidose-Zentrum eine maßgebliche Rolle gespielt und wurde darin von der Dietmar Hopp Stiftung und dem Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) unterstützt.
Filmbeiträge zum 15. Symposium des Mukoviszidose-Zentrums (in Kürze hier verfügbar)