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28. November 2016

Mukoviszidose: Messung der Lungenbelüftung (LCI) genauso gut wie MRT

News 27-2016 DE

MRT und Messung der Lungenbelüftung zeigen Lungenveränderungen ab dem Säuglingsalter zuverlässig an…

Die Messung der Lungenbelüftung (Lung Clearance Index / LCI) zeigt frühe Lungenveränderungen bei Kindern mit Mukoviszidose nahezu ebenso genau und zuverlässig an wie die Magnetresonanztomographie (MRT). Zu diesem Ergebnis kamen DZL-Forscher des Standorts Heidelberg (TLRC). Die Studie ist kürzlich im Fachmagazin American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine erschienen und wurde vom Deutschen Zentrum für Lungenforschung, der Dietmar Hopp Stiftung und dem Mukoviszidose e. V. gefördert.

Dies ist die erste Studie, in der Wissenschaftler die beiden Verfahren LCI-Messung und MRT-Bildgebung bei Patienten vom Säuglings- bis zum jungen Erwachsenenalter systematisch verglichen. Der LCI ist ein Maß dafür, wie gleichmäßig die Lunge belüftet ist. Eine Beeinträchtigung der Atemwege durch z. B. Schleim führt zu einer ungleichmäßigen Belüftung. „Dies äußert sich in der Messung dadurch, dass man das eigene Lungenvolumen häufiger als normal atmen muss, um es komplett von einem Markergas zu befreien“, erklärt Erstautorin Dr. Mirjam Stahl, DZL-Wissenschaftlerin und Fachärztin am Standort Heidelberg. Normal wären 6 bis 7,5 Umsätze, bei kleinen Kindern mit leichten Lungenschäden sind im Mittel bereits 8, bei älteren Kindern mit Mukoviszidose bereits 12 Lungenumsätze erforderlich.

Bei der per Magnetresonanztomographie entdeckte Auffälligkeiten an Lungengewebe oder -durchblutung spiegelten sich bei der Mehrheit der 97 in der Studie untersuchten Kinder und Jugendlichen darin wieder, dass sie das eigene Lungenvolumen häufiger als normal atmen müssen, um es komplett von einem Markergas zu befreien (erhöhte Anzahl an Lungenumsätzen).

Es zeigte sich, dass sich die LCI-Messung über alle Altersklassen sehr gut dazu eignet, kleinste Veränderungen in der Lunge – ob zu Beginn der Erkrankung oder im weiteren Verlauf – nicht-invasiv und strahlenfrei zu diagnostizieren.

Durchbruch in der Diagnostik und Verlaufskontrolle

„Bislang konnte der Schweregrad früher Lungenveränderungen oder auch das Ansprechen auf Therapien nur mit Hilfe der Computertomographie, die mit Strahlenbelastung verbunden ist, oder der Lungenspiegelung unter Vollnarkose nachgewiesen werden“, so DZL-Vorstandsmitglied Professor Dr. Marcus Mall, Ärztlicher Direktor der Abteilung Translationale Pneumologie am Zentrum für Translationale Lungenforschung (TLRC) und Leiter der Sektion Pädiatrische Pneumologie und des Mukoviszidose-Zentrums am Universitätsklinikum Heidelberg. „Die Ergebnisse unserer Arbeit sind daher nicht nur ein Durchbruch in der Diagnostik und Verlaufskontrolle insgesamt. Sie ermöglichen es uns zudem, neue präventive therapeutische Strategien, die wir in den letzten Jahren entwickelt haben, mit diesen beiden Verfahren zu überprüfen – mit geringer Belastung für die Kinder“, erklärt Mall.

Vorgängerstudie lieferte Voraussetzung für Vergleich MRT- mit LCI-Messung

2014 verwiesen die Heidelberger Wissenschaftler erstmals auf den Einsatz der strahlenfreien MRT im Kindesalter (Das DZL berichtete): Die Studie mit 50 Patienten im Alter von wenigen Monaten bis zu sechs Jahren ergab, dass die MRT in Diagnostik und Beobachtung des Therapieverlaufs ebenso aussagekräftig ist wie die bis dato übliche Computertomographie (CT) und Lungenspiegelung. Die Vorgängerstudie lieferte zudem die Voraussetzung für den aktuellen Vergleich MRT- mit LCI-Messung.

Die aktuelle Studie bestätigt diese Ergebnisse auch für ältere Kinder und junge Erwachsene bis zu einem Alter von 21 Jahren. „Wir wissen nun, dass die MRT, bei denen die Lungenerkrankung schon weiter fortgeschritten ist, ebenso aussagekräftig ist und selbst geringe Verbesserungen oder Verschlechterungen abbildet“, so Mall.

Beide Verfahren vergleichbar sensibel

Sowohl MRT als auch LCI bieten die Möglichkeit, den Verlauf der Lungenerkrankung kontinuierlich zu verfolgen, den optimalen Therapiebeginn zu ermitteln und die Therapie individuell zu steuern. Da die Kinder und Jugendlichen bei beiden Verfahren keiner Strahlenbelastung ausgesetzt werden und auch keine Narkose benötigen, sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen kein Problem. Diese werden bereits am Heidelberger Mukoviszidose-Zentrum fortan bei allen Patienten regelmäßig durchgeführt, um die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Untersuchungen direkt in die Praxis umzusetzen und damit die Diagnostik und Therapie von Patienten mit Mukoviszidose weiter zu verbessern.

Wissenschaftlicher Ansprechpartner

Prof. Dr. Marcus Mall
Ärztlicher Direktor Abteilung Translationale Pneumologie
Zentrum für Translationale Lungenforschung Heidelberg und Leiter Sektion Pädiatrische Pneumologie & Allergologie und Mukoviszidose-Zentrum
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin (DZL-Standort TLRC, Heidelberg)
Tel.: 06221 / 56 4502
E-Mail: Marcus.Mall@med.uni-heidelberg.de

 

Weitere Informationen

Publikation:

Stahl M, Wielputz MO, Graeber SY, Joachim C, Sommerburg O, Kauczor HU, Puderbach M, Eichinger M, Mall MA. Comparison of Lung Clearance Index and Magnetic Resonance Imaging for Assessment of Lung Disease in Children With Cystic Fibrosis. Am J Respir Crit Care Med. 2016 Aug 30. [Epub ahead of print] DOI:10.1164/rccm.201604-0893OC

Zur Pressemitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg


Über Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF)

Bei der angeborenen und unheilbaren Multiorganerkrankung Mukoviszidose verstopft zäher Schleim die Atemwege, begünstigt eine chronische Infektion und Entzündung. Beides zerstört mit der Zeit die Lunge. In Deutschland sind rund 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit betroffen. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 200 Kinder mit der seltenen Erkrankung geboren. Das im September 2016 deutschlandweit eingeführte Neugeborenen-Screening auf Mukoviszidose, das von Heidelberger DZL-Forschern mit vorbereitet wurde, identifiziert zwar zuverlässig betroffene Kinder, gibt aber keine Auskunft darüber, wann die Erkrankung in der Lunge einsetzt. Je früher daher die Diagnose gestellt wird und je schneller schon auf leichte Verschlechterungen adäquat mit einer Therapie reagiert werden kann, desto länger lassen sich schwere Lungenschäden und Komplikationen hinauszögern. Dank zunehmend effektiver Therapien und spezialisierter Versorgungsstrukturen erhöht sich die durchschnittliche Lebenserwartung der Patienten stetig und liegt in Deutschland derzeit bereits bei über 40 Jahren.

 

 

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