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Prof. Dr. Jonas Schupp erforscht zelluläre Abläufe bei Lungenerkrankungen mithilfe von KI. Foto: BREATH/privat.
8. Dezember 2025

KI entschlüsselt Krankheitsprozesse bei Lungenfibrose

News 2025-501 DE

Eine neue internationale Studie liefert wegweisende Erkenntnisse zur Entschlüsselung zellulärer Prozesse bei komplexen Lungenerkrankungen. Das Forschungsteam präsentiert darin ein innovatives, KI-basiertes Modell, das die zeitliche Entwicklung von Zellen im Krankheitsverlauf analysiert und potenzielle neue Therapieansätze vorhersagen kann. Die Publikation, erschienen in Nature Biomedical Engineering, wurde von Yumin Zheng und DZL-Wissenschaftler Prof. Dr. Jonas Schupp (DZL-Standort BREATH) als gemeinsame Erstautoren veröffentlicht.

In der Studie wird das Modell UNAGI („Unsupervised Neural Analysis of Gene Interactions“) vorgestellt – ein generatives Deep-Learning-Verfahren, das erstmals longitudinale Einzelzell-Transkriptomdaten nutzt, um zelluläre Dynamiken im Verlauf chronischer Erkrankungen zu rekonstruieren. Während klassische Analysen statische Momentaufnahmen liefern, erlaubt UNAGI eine zeitlich aufgelöste Betrachtung der Krankheitsprogression. Dabei werden aus hochdimensionalen Transkriptomdaten sogenannte disease-informed embeddings generiert, die funktionelle Zellzustände in Abhängigkeit von Krankheitsstadien abbilden.

Anhand von Daten zur idiopathischen Lungenfibrose (IPF) demonstrierten die Forschenden, dass UNAGI präzise zwischen frühen, intermediären und späten Krankheitsphasen auf Zellebene unterscheiden kann. Das Modell identifizierte fibroblastische Subpopulationen, die mit progredienter Gewebeumbildung assoziiert sind, und konnte deren Transkriptionsprogramme im Verlauf der Erkrankung nachzeichnen. Diese Informationen ermöglichen es, regulatorische Netzwerke zu identifizieren, die für den Übergang von reversiblen zu irreversiblen Fibrosezuständen entscheidend sind.

Besonders innovativ ist die Kombination der Modellierung zellulärer Dynamiken mit einem in silico Drug-Screening-Ansatz. Auf Basis der generierten Krankheitsprofile kann UNAGI vorhersagen, welche pharmakologischen Substanzen spezifische pathologische Zellzustände modulieren könnten. Potenziell antifibrotische Kandidaten wurden experimentell in humanen Lungen-Präzisionsschnittkulturen überprüft und konnte dort durch eine messbare Reduktion fibrotischer Marker validiert werden.

„Mit solchen Ansätzen rücken wir zelluläre Mechanismen und letztlich Therapieoptionen viel näher an den Patienten heran“, betont Prof. Dr. Schupp. Die Ergebnisse unterstreichen das Potenzial moderner KI-gestützter Verfahren, Krankheitsmechanismen auf Einzelzellebene nicht nur zu beschreiben, sondern auch therapeutisch nutzbar zu machen.

Quelle: BREATH

Originalpublikation: Zheng Y, Schupp JC, Adams T, Clair G, Justet A, Ahangari F, Yan X, Hansen P, Carlon M, Cortesi E, Vermant M, Vos R, De Sadeleer LJ, Rosas IO, Pineda R, Sembrat J, Königshoff M, McDonough JE, Vanaudenaerde BM, Wuyts WA, Kaminski N, Ding J. A deep generative model for deciphering cellular dynamics and in silico drug discovery in complex diseases. Nat Biomed Eng. 2025 Jun 20. doi: 10.1038/s41551-025-01423-7. Epub ahead of print. PMID: 40542107.


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