Eine Lungenfibrose kann möglicherweise auf eine Art Alterungsprozess der Zellen, die sogenannte Seneszenz, zurückgeführt werden. Das zeigen Forscherinnen und Forscher der DZL-Standorte München und Gießen. Wie sie im ‚European Respiratory Journal‘ berichten, konnten sie diesem Mechanismus in der Zellkultur bereits durch Medikamente entgegensteuern.
Bei einer Lungenfibrose vernarbt das Lungengewebe der Betroffenen, sodass sich die Lungenfunktion zunehmend verschlechtert. Vor allem die Oberfläche der Alveolen (Alveolarepithel genannt) ist oft betroffen. Ist der Ursprung der Krankheit ungeklärt, spricht man von einer idiopathischen Lungenfibrose, kurz IPF. „Die Behandlungsmöglichkeiten bei einer IPF sind bisher relativ rar gesät“, erklärt die Erstautorin der Studie Dr. Mareike Lehmann, Wissenschaftlerin der Abteilung Lungenreparatur und Regeneration (LRR) am Helmholtz Zentrum München (DZL-Standort CPC-München). „Daher versuchen wir zu verstehen, wie die Krankheit zustande kommt, um sie dann gezielt behandeln zu können.“
In der aktuellen Arbeit gelang es Lehmann und weiteren Forscherinnen und Forschern um Abteilungsleiterin Prof. Dr. Dr. Melanie Königshoff nun, ein weiteres Puzzleteil hinzufügen. „Wir konnten sowohl im Versuchsmodell als auch in den Lungen von IPF-Patienten zeigen, dass manche Zellen im Alveolarepithel Marker für eine Seneszenz* aufweisen“, erklärt die DZL-Forscherin. „Da die Häufigkeit von IPF mit dem Alter zunimmt, war das bereits vermutet worden. Wir konnten diese Hypothese nun bestätigen“, so die Studienleiterin Königshoff weiter.
Die Seneszenz beeinträchtigt die Lungenfunktion gleich auf zwei Arten: Zum einen verhindert sie, dass Lungenzellen sich teilen können, wenn sie ersetzt werden müssen. Zum anderen scheiden seneszente Zellen Botenstoffe aus, die die Fibrose weiter vorantreiben. Da dieser Effekt auch bei Krebserkrankungen eine Rolle spielt, konnten die Wissenschaftler hier auf eine bereits vorhandene Gruppe von Medikamenten zurückgreifen, die gezielt seneszente Zellen abtötet und ein Umsichgreifen verhindert, sogenannte senolytische Medikamente.
Um mögliche Behandlungsstrategien zu testen, brachten die Wissenschaftler die betroffenen Zellen in eine dreidimensionale Zellkultur und untersuchten den Effekt der Medikamente sozusagen ex vivo. Mareike Lehmann: „Wir konnten beobachten, dass dadurch die Menge an ausgeschütteten Botenstoffen zurückging und zudem die Masse an Bindegewebsproteinen, die bei der Erkrankung massiv erhöht sind, sank.“
Zusammengenommen zeigt die Studie, dass Seneszenz in Zellen des Alveolarepithels zur Entstehung und Verschlechterung einer IPF beitragen kann. Diese Erkenntnis ist neu und stellt einen möglichen Startpunkt für die Entwicklung neuer Therapien dar.
Dr. Dr. Melanie Königshoff, Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Comprehensive Pneumology Center
Max-Lebsche-Platz 31, 81377 München
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E-Mail: melanie.koenigshoff@helmholtz-muenchen.de
* Die zelluläre Seneszenz beschreibt eine Art Wachstumsstillstand, in dessen Zeitraum sich die Zellen nicht mehr teilen. Die Gründe für eine Seneszenz können verschieden sein: Schäden an der DNA sind genauso möglich wie das Erreichen eines Teilungsmaximums (begrenzt durch die sogenannten Telomere). Es gibt mehrere Marker, die auf eine Seneszenz hindeuten. In der aktuellen Arbeit waren das die Moleküle p16, p21 und ein positiver Test auf Beta-Galaktosidase Aktivität.
Lehmann, M. et al. (2017): Senolytic drugs target alveolar epithelial cell function and attenuate experimental lung fibrosis ex vivo. European Respiratory Journal, DOI: 10.1183/13993003.02367-2016
Quelle: Helmholtz Zentrum München