Wissenschaftler des European Molecular Biology Laboratory (EMBL), Partnerinstitution des DZL am Translational Lung Research Center (TLRC) in Heidelberg, haben einen vielversprechenden Wirkstoff zur Behandlung von Lungenfibrose entdeckt. Dextromethorphan, ein rezeptfreies Medikament, das häufig in Hustenmitteln enthalten und von der U.S. Food and Drug Administration (FDA) zugelassen ist, könnte eine Schlüsselrolle im Kampf gegen Lungenfibrose spielen – einer Erkrankung, die durch übermäßige Narbenbildung in der Lunge gekennzeichnet ist und mit schweren Gesundheitsproblemen in Verbindung steht.
In einer kürzlich in Science Translational Medicine veröffentlichten Studie zeigten die EMBL-Forschenden, dass Dextromethorphan die Bildung von Kollagen, das Narben in Zellen verursacht, hemmen kann, wodurch die Lungenfibrose reduziert wird. Lungenfibrose tritt häufig bei älteren Erwachsenen auf und kann durch Umweltfaktoren wie Asbest oder Schimmel, als Nebenwirkung von Chemotherapien oder durch chronische Lungenerkrankungen wie Tuberkulose entstehen. Die Erkrankung führt zu einer Versteifung des Lungengewebes, was Atemprobleme und eine verringerte Sauerstoffaufnahme zur Folge hat und schließlich zu Organversagen führen kann. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden in Europa etwa 761.000 Menschen an Lungenfibrose, und jährlich sterben rund 25.000 Patienten an den Folgen dieser Krankheit.
Muzamil Majid Khan, DZL-Forscher am EMBL und Erstautor der Studie, erklärte: „Nachdem wir erfahren haben, dass es keine Heilung für Lungenfibrose gibt, wollte ich neue Medikamente für diese Krankheit entdecken.“ Das Team entschied sich, bereits zugelassene Medikamente zu untersuchen, um die Entwicklung neuer Medikamente zu beschleunigen. Dabei wurde Dextromethorphan aus einer Bibliothek von FDA-zugelassenen Medikamenten ausgewählt. In Zusammenarbeit mit dem TLRC Heidelberg und dem DZL untersuchten die Forschenden, wie Dextromethorphan die Kollagenbildung in menschlichen Lungenzellen beeinflusst. Dabei kamen fortschrittliche Technologien zum Einsatz, um die Wirkmechanismen des Medikaments zu identifizieren. Durch die Verwendung eines speziellen „Scar-in-a-Jar“-Tests, einer In-vitro-Methode zur Untersuchung von Lungenfibrose, konnten die Wissenschaftler die Wirksamkeit von Dextromethorphan als potenziellen anti-fibrotischen Wirkstoff testen. In weiteren Experimenten an Mausmodellen und menschlichem Lungengewebe im Labor bestätigten sich die Ergebnisse. „Die Zusammenarbeit mit DZL und der Thoraxklinik Heidelberg hat es uns ermöglicht, Phase-II-Studien zu planen, um zu untersuchen, ob diese Ergebnisse auch auf menschliche Patienten übertragbar sind“, sagte Rainer Pepperkok, ebenfalls DZL-Forscher, EMBL-Gruppenleiter und Senior-Autor der Studie.
Die Forschenden wollen nun weiter untersuchen, wie Dextromethorphan wirkt und welche Zielstrukturen es in den Zellen der Lunge beeinflusst. Ziel ist es, verbesserte Varianten des Medikaments zu entwickeln. „Diese Entdeckung bietet vielversprechendes therapeutisches Potenzial, auch wenn es sich noch um Grundlagenforschung handelt“, so Pepperkok abschließend.
Das EMBL ist eine zwischenstaatliche Organisation, die sich der molekularbiologischen Forschung widmet. Sie wurde 1974 gegründet und wird von 29 Mitgliedstaaten unterstützt. EMBL betreibt sechs Standorte in Europa: Barcelona, Grenoble, Hamburg, Heidelberg, Hinxton (EMBL-EBI) und Rom. An diesen Standorten arbeiten über 110 unabhängige Forschungsgruppen und Serviceteams, die das gesamte Spektrum der Molekularbiologie abdecken.
Quelle:
Common cough syrup ingredient shows promise in treating serious lung disease | EMBL
Originalpublikation:
Khan MM, Galea G, Jung J, Zukowska J, Lauer D, Tuechler N, Halavatyi A, Tischer C, Haberkant P, Stein F, Jung F, Landry JJM, Khan AM, Oorschot V, Becher I, Neumann B, Muley T, Winter H, Duerr J, Mall MA, Grassi A, de la Cueva E, Benes V, Gote-Schniering J, Savitski M, Pepperkok R. Dextromethorphan inhibits collagen and collagen-like cargo secretion to ameliorate lung fibrosis. Sci Transl Med. 2024 Dec 18;16(778):eadj3087. doi: 10.1126/scitranslmed.adj3087. Epub 2024 Dec 18. PMID: 39693409.