Eine aktuelle Studie unter Leitung von DZL-Wissenschaftlern zeigt, dass eine Autoimmunerkrankung ursächlich an bestimmten Formen der Lungenfibrose beteiligt sein könnte, deren Krankheitsursache bisher ungeklärt ist. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit sind im renommierten Fachjournal ‚American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine’ erschienen.
Der Begriff interstitielle Lungenerkrankung (ILD) fasst eine Vielzahl verschiedener Krankheitsbilder zusammen, die mit einer Vernarbung (Fibrose) des Lungengewebes verbunden sind. Die Idiopathische Lungenfibrose (IPF) ist eine davon. Dabei kommt es zu einer vermehrten Bildung von Bindegewebe in der Lunge, was deren Dehnbarkeit verringert, die Sauerstoffaufnahme beeinträchtigt und insgesamt zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion führt.
„Die hinter den einzelnen Krankheitsbildern liegenden Mechanismen sind nicht ausreichend bekannt und daher Gegenstand unserer Forschung“, erklärt der Erstautor der Studie Dr. Herbert Schiller (siehe Foto, Quelle: HMGU), der seit 2015 die DZL-Nachwuchsgruppe „Systemmedizin chronischer Lungenkrankheiten“ am Institut für Lungenbiologie des Helmholtz Zentrums München (DZL-Standort CPC-München) leitet.
Insgesamt analysierten die Wissenschaftler mit Hilfe der Massenspektrometrie* Lungengewebe von 45 ILD-Patientinnen und -Patienten mit verschiedenen ILD-Formen und verglichen sie mit den Proben von zehn gesunden Kontrollpersonen. Darüber hinaus untersuchten sie bei sechs Patienten mit fibrotischen Hauterkrankungen das Gewebe aus erkrankten und gesunden Hautbereichen.
„Interessanterweise konnten wir sowohl in der Lunge als auch in der Haut der Fibrose-Patienten vermehrt Proteine identifizieren, die maßgeblich in Antikörper produzierenden B-Zellen, sogenannten Plasmazellen, vorkommen“, erklärt Schiller. Beobachtungen unter dem Mikroskop konnten diese Ergebnisse bestätigen. Das ließe vermuten, dass bei manchen Patienten womöglich eine Autoimmunerkrankung gegen noch unbekannte Proteine in der Lunge ursächlich an der Krankheit beteiligt sei, so die Autoren.
„In unserer Arbeit haben wir zahlreiche Antikörper bildende Plasmazellen im vernarbten Lungengewebe gefunden und die Menge dieser Zellen war mit der Abnahme der Lungenfunktion der Patienten korreliert“, erklärt Schiller. Ein kausaler Zusammenhang lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht direkt beweisen, daher sind bereits weitere Studien geplant.
„Der Schlüssel zur besseren diagnostischen Einordnung in der Zukunft und möglichen immuntherapeutischen Ansätzen könnte die massenspektroskopische Identifikation von Autoantikörpern und deren Antigenen aus dem Blut von ILD-Patienten sein“, blickt Schiller voraus. Seine Nachwuchsgruppe sei derzeit dabei, neue Methoden zur Charakterisierung der Autoantikörper zu entwickeln und an größeren Patientenkohorten zu untersuchen.
Dr. Herbert Schiller
Helmholtz Zentrum München -
Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Comprehensive Pneumology Center (DZL-Standort CPC-München)
Max-Lebsche-Platz 31, 81377 München
Tel. +49 89 3187 1194, E-Mail: herbert.schiller@helmholtz-muenchen.de
* Massenspektrometrie bezeichnet ein Verfahren zur Analyse von Molekülmassen. Die zu untersuchende Substanz, wird dabei in die Gasphase überführt und ionisiert. Die Ionen werden durch ein elektrisches Feld beschleunigt und dem Analysator zugeführt. Dabei sortieren sie sich nach dem Masse-zu-Ladung-Verhältnis.
Schiller, HB et al. (2017): Deep proteome profiling reveals common prevalence of MZB1-positive plasma B cells in human lung and skin fibrosis. American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine, DOI: 10.1164/rccm.201611-2263OC
Quelle: Helmholtz Zentrums München
Insbesondere bei der idiopathischen pulmonalen Fibrose (IPF) ist die Krankheitsursache bisher völlig ungeklärt. Nach Diagnosestellung beträgt die Überlebenszeit von IPF-Patienten durchschnittlich nur zwei bis fünf Jahre. Seit kurzem stehen zur Behandlung der IPF die beiden antifibrotischen Medikamente „Pirfenidon“ und „Nintedanib“ zur Verfügung. Da die antifibrotischen Medikamente allerdings letztlich den Krankheitsverlauf nur verlangsamen aber nicht aufhalten können, bleibt eine Lungentransplantation momentan die einzige definitive Therapie der IPF.
Erstautor Dr. Herbert Schiller leitet seit Oktober 2015 die DZL-Nachwuchsgruppe „Systemmedizin chronischer Lungenkrankheiten“ am Institut für Lungenbiologie des Helmholtz Zentrums München. Letztautor der Studie ist Prof. Dr. Oliver Eickelberg. Eickelberg war bis zum Jahreswechsel Mitglied im DZL-Vorstand sowie Direktor des Instituts für Lungenbiologie am Helmholtz Zentrum München und wechselte als Leiter der “Division of Pulmonary and Critical Care Medicine” an die School of Medicine der Universität von Colorado in Denver.