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9. Mai 2019

Chronische Lungenerkrankungen bei Frühgeborenen gezielt erkennen

News 16-2019 DE

Zu früh geborene Kinder entwickeln oft eine chronische Lungenerkrankung, die Bronchopulmonale Dysplasie. Die Erkrankung lässt sich bislang erst anhand klinischer Symptome und nur wenig differenziert diagnostizieren. DZL-Forscher am Helmholtz Zentrums München und des Klinikums der Universität München haben deshalb ein neues Protokoll entwickelt, um per Magnetresonanztomographie (MRT) Frühgeborene mit der Erkrankung zu identifizieren. Ihre Ergebnisse wurden in Thorax veröffentlicht.

Rund 15 bis 30 Prozent aller Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1000 Gramm bzw. einem Geburtstermin vor der 32. Schwangerschaftswoche entwickeln eine Bronchopulmonale Dysplasie1. Die Erkrankung führt je nach Schweregrad zu Lungenfunktionsstörungen, die bis in das Erwachsenenalter reichen und in einigen Fällen zum Tode führen können. „Bis jetzt kann nur sehr spät und wenig differenziert diagnostiziert werden, welches Baby die Lungenerkrankung entwickelt und welches nicht“, berichtet Privatdozentin Dr. Anne Hilgendorff. Sie leitet die Arbeitsgruppe „Mechanismen der chronischen Lungenerkrankung bei Neugeborenen“ am Institut für Lungenbiologie (ILBD) und am Comprehensive Pneumology Center (CPC) des Helmholtz Zentrums München. Außerdem ist sie Direktorin des Zentrums zur Nachsorge von Früh- und Risikoneugeborenen am Klinikum der Universität München. Hilgendorff: „Spezifische Möglichkeiten zur Beurteilung struktureller Veränderungen der Lungen unter Vermeidung schädlicher Strahlung fehlten bislang, was die individualisierte Behandlung und Nachbeobachtung erschwert hat.“ Ein neues MRT-Protokoll könne diese Lücke jetzt schließen.

„Wir haben mit unserem Wissenschaftsteam² in enger Zusammenarbeit mit unseren Kollegen im Perinatalzentrum der LMU sowie der Klinik für Radiologie die Untersuchung von 61 Frühgeborenen ausgewertet“, berichtet Dr. Kai Förster aus Hilgendorffs Arbeitsgruppe. Alle kleinen Studienteilnehmer waren vor der 32. Schwangerschaftswoche auf die Welt gekommen. Sie atmeten während der Untersuchung, die nahe am Geburtstermin stattfand bereits selbst und konnten im Spontanschlaf im Magnetresonanztomografen (MRT) untersucht werden. Bei der statistischen Auswertung der Bildgebungsdaten zusammen mit dem Institut für Computational Biology (ICB) am Helmholtz Zentrum München gaben erhöhte T2- und erniedrigte T1-Relaxationszeiten³ im MRT Hinweise auf das Vorliegen einer Bronchopulmonale Dysplasie. „Unsere Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt in Richtung einer verbesserten, bildgebenden Phänotypisierung von Säuglingen mit Krankheitsrisiko“, kommentiert Hilgendorff. „Damit werden in Zukunft individuelle Behandlungs- und Überwachungsstrategien möglich.“ Sie betont, es sei nun wichtig, dass große Perinatalzentren diese Methode einsetzten und gemeinsam auswerteten, um mögliche Subtypen der Bronchopulmonalen Dysplasie zu identifizieren.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

PD Dr. Anne Hilgendorff
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Institut für Lungenbiologie & Comprehensive Pneumology Center
E-Mail: a.Hilgendorff@med.uni-muenchen.de

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1Vermutlich entsteht die Bronchopulmonale Dysplasie durch verschiedene Risikofaktoren wie entzündliche Prozesse, Mikroverletzungen durch die Beatmungstherapie und die Toxizität von Sauerstoff-Radikalen, die auf das unreife Lungengewebe einwirken. Langfristig geht damit Gewebe, das für den Gasaustausch wichtig ist, zugrunde und vernarbt.

²Zu den Arbeiten haben u.a. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Computational Biology (Helmholtz Zentrum München), der Radiologie (LMU München) und der Pädiatrie/Neonatologie (LMU München) einen entscheidenden Beitrag geleistet.

³Magnetresonanztomografen arbeiten nach folgendem Prinzip: Wasserstoffkerne sind mit kleinen Magneten vergleichbar. In einem starken äußeren Magnetfeld orientieren sie sich parallel oder entgegen diesem Feld. Führt man Energie als Energiepuls zu, bekommen fast alle Wasserstoffatomkerne kurzzeitig die gleiche Orientierung. Anschließend geben sie Energie wieder ab und verlieren ihre Ausrichtung. Zwei unabhängige Vorgänge, nämlich die T1- und die T2-Relaxation, beschreiben diesen Vorgang. Röntgenstrahlung wird beim MRT nicht eingesetzt.

Eine ausführliche Multimedia-Reportage zum Projekt von Anne Hilgendorff und Kai Förster finden Sie hier.

Originalpublikation:

Förster K et al. (2019), Altered Relaxation Times in Magnetic Resonance Imaging Indicate Bronchopulmonary Dysplasia. Thorax. DOI: 10.1136/thoraxjnl-2018-212384

Quelle: idw


Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus, Allergien und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 19 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.

Das Institut für Lungenbiologie (iLBD) gehört dem Comprehensive Pneumoloy Center (CPC) an, einem Zusammenschluss des Helmholtz Zentrums München mit dem Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und den Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Ziel des CPC ist die Erforschung chronischer Lungenerkrankungen, um neue diagnostische und therapeutische Strategien zu entwickeln. Das iLBD führt mit der Untersuchung zellulärer, molekularer und immunologischer Mechanismen von Lungenerkrankungen den Schwerpunkt der experimentellen Pneumologie an. Das CPC ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL).

Im Klinikum der Universität München (LMU) werden jährlich an den Standorten Campus Großhadern und Campus Innenstadt rund 500.000 Patienten ambulant, teilstationär und stationär behandelt. Den 29 Fachkliniken, zwölf Instituten und sechs Abteilungen sowie den 49 interdisziplinären Zentren stehen etwas mehr als 2.000 Betten zur Verfügung. Von insgesamt 9.700 Beschäftigten sind rund 1.700 Mediziner und 3.200 Pflegekräfte. Das Klinikum der Universität München ist seit 2006 Anstalt des öffentlichen Rechts. Gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität ist das Klinikum der Universität München an vier Sonderforschungsbereichen der DFG (SFB 914, 1054, 1123, 1243), an vier Transregios (TRR 127, 128, 152, 205), der klinischen Forschergruppe 809 sowie an zwei Graduiertenkollegs der DFG (GK 1091, 1202) beteiligt. Hinzu kommen die Exzellenzeinrichtungen „Center for Integrated Protein Sciences“ (CIPSM), „Munich Center of Advanced Photonics“ (MAP), „Nanosystems Initiative Munich“ (NIM) und „Munich Cluster for Systems Neurology“ (SyNergy) sowie die Graduiertenschulen „Graduate School of Systemic Neurosciences“ (GSN-LMU), die „Graduate School of Quantitative Biosciences Munich (QBM)“ und „The Graduate School Life Science Munich (LSM)”.

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