Vom 25.-28. Mai 2022 präsentierte sich das DZL mit Informationsstand, Vorträgen, Postern und weiteren Aktionen beim 62. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP) in Leipzig. Am DZL-Infostand wurden auch die Angebote des eng mit dem DZL kooperierenden Lungeninformationsdienstes (LID) vorgestellt. Zahlreiche Wissenschaftler aus den Reihen des DZL erhielten Preise. Darüber hinaus gab es eine zahlreiche Beteiligung von DZL-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an Vorträgen und Postern. Zudem wurde ein eigener DZL-Vortrag zum Thema Translationale Forschung gehalten.
DZL-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhalten Preise im Rahmen des 62. DGP-Kongresses
Der mit 10.000 Euro dotierte Forschungspreis der DGP für die beste grundlagenwissenschaftliche Arbeit geht in diesem Jahr an DZL-Nachwuchswissenschaftlerin Marija Gredic von der Justus-Liebig-Universität in Gießen (Standort UGMLC). Sie hat neue Erkenntnisse zur Entstehung und möglichen Behandlung des Lungenhochdrucks bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) gewonnen.
Der ebenfalls mit 10.000 Euro dotierte DGP-Forschungspreis für die klinische Forschung geht an die dreiköpfige Forschergruppe um DZL-Wissenschaftler Dr. Sebastian Marwitz (ARCN) und Maja Reimann vom Forschungszentrum Borstel sowie Professor Jan Heyckendorf von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Sie haben einen Algorithmus entwickelt, der mit hoher Genauigkeit das Ende einer Tuberkulose-Therapie anzeigen kann.
„Die Siegerarbeiten zeichnen sich beide durch ihre hohe Relevanz für Forschung und klinischen Alltag aus“, sagt Professor Wolfram Windisch, stellvertretender DGP-Präsident und Sprecher der Jury. Beide Preise sind mit jeweils 10.000 Euro dotiert und wurden im feierlichen Rahmen der Eröffnungsveranstaltung überreicht.
DGP-Preis für Grundlagenforschung geht an DZL-Wissenschaftlerin Marija Gredic (UGMLC)
Die 30-jährige DZL-Nachwuchswissenschaftlerin Marija Gredic, hat bei Labor-Untersuchungen in präklinischen Modellen an Mäusen sowie in menschlichem Lungengewebe herausgefunden, wie ein Schutz vor chronisch erhöhtem Blutdruck im Lungenkreislauf – wie er bei COPD entstehen kann – möglich ist.
Gredic forscht in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Norbert Weißmann, die am Cardio-Pulmonary Institute und dem Deutschen Zentrum für Lungenforschung in Gießen (Standort UGMLC) angesiedelt ist. Sie hat ihre Arbeit im Rahmen des Projekts des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs (SFB) „Pulmonale Hypertonie und Corpulmonale“ an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) durchgeführt und in der international hochangesehenen Zeitschrift „European Respiratory Journal“ veröffentlich.
„Diese Arbeit sticht durch ihre sorgfältige mechanistisch orientierte Konzeption und Darstellung heraus. Das Ergebnis ist von klinischer Bedeutung“, sagt Jury-Sprecher Windisch, Chefarzt der Lungenklinik Köln-Merheim, Kliniken der Stadt Köln, sowie Inhaber des Lehrstuhls für Pneumologie an der Universität Witten/Herdecke. COPD ist die dritthäufigste Todesursache weltweit. Im Modell wird die Erkrankung durch Tabakrauch, der hier auch stellvertretend für die zunehmende Luftverschmutzung ist, ausgelöst. Konkret war der Schutz durch eine Genveränderung möglich: „Unsere Forschung hat gezeigt, dass Mäuse mit der Inaktivierung eines bestimmten Enzyms in speziellen Blutzellen vor Lungenhochdruck geschützt sind“, sagt Gredic. Lungenhochdruck kann bei Menschen zu eingeschränkter Leistungsfähigkeit, Atemnot und letztendlich zu Herzversagen führen.
Bei ihren Untersuchungen hat Gredic festgestellt, dass vor allem das Enzym Stickstoffmonoxid-Synthase in speziellen Immunzellen für den Lungenhochdruck relevant sein könnte. Im menschlichen Organismus kommt dieses Enzym in drei bekannten Varianten vor. Gredic konnte in ihren Modellen zeigen, dass eine davon in sogenannten Makrophagen, einer Gruppe von weißen Blutkörperchen, die Erkrankung auslöst. Diese Zellen sind ein Teil des angeborenen Immunsystems und schützen den Körper eigentlich vor Krankheitskeimen. Gredic erläutert: „Wir müssen hier allerdings noch verschiedene Erscheinungsbilder dieser Immunzellen unterscheiden. Beim Rauchen sind wahrscheinlich die sogenannten M2-Makrophagen für den Gefäßumbau in der Lunge verantwortlich. Wir glauben, dass die Verbindungen zwischen diesen ganz bestimmten weißen Blutkörperchen und den Muskelzellen der Lungenarterien eine entscheidende Rolle spielen.“ Dies könnten mögliche Zielzellen zur Entwicklung neuer Therapiekonzepte bei der zukünftigen Behandlung des Lungenhochdrucks in der COPD sein. „Es gilt, diesen Sachverhalt jetzt weiter zu untersuchen und die Übertragbarkeit der präklinischen Daten auf den Menschen weiter zu prüfen“, sagt Marija Gredic.
Für Prof. Dr. Werner Seeger, Sprecher des Deutschen Zentrums für Lungenforschung in Gießen, und Prof. Dr. Dr. Friedrich Grimminger, Sprecher des Universities of Giessen and Marburg Lung Center, ist dieser Nachwuchspreis Ausdruck der exzellenten Nachwuchsförderung im Bereich der Lungenforschung am Standort Gießen.
Wissenschaftler finden neuen Algorithmus für Tuberkulose-Therapie
Die 32-jährige Maja Reimann und der 37-jährige Dr. Sebastian Marwitz vom Forschungszentrum Borstel (Leibniz Lungenzentrum) sowie der 40-jährige Professor Jan Heyckendorf von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel haben zusammen an der Fragestellung gearbeitet, wie bei der Behandlung einer multiresistenten Tuberkulose das Ende der Therapie und somit auch das Therapieansprechen vorhergesagt werden könnte. Mit ihren Erkenntnissen ist es zukünftig möglich, dass bei Patienten mit arzneimittelempfindlicher und multiresistenter Tuberkulose die Therapiedauer ganz individuell veranschlagt wird. Noch empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO eine standardisierte Behandlungsdauer für diese Tuberkulose-Patienten. Und das ist mit hohen Kosten sowie einem hohen Risiko für Nebenwirkungen bei der Behandlung verbunden.
Tatsächlich fanden die Forschenden im Rahmen einer Untersuchung von Blutproben eine Signatur aus 22 Genen, die den Therapieverlauf besser vorhersagt als das Standardmodell. “Mit der patientenbasierten RNA, also der Ribonukleinsäure aus 22 Genen, konnten wir einen neuen Algorithmus entwickeln sowie validieren. Und dieser ist in der retrospektiven Analyse in der Lage, mit hoher Genauigkeit das Therapieende anzuzeigen und ein Therapieansprechen zu reflektieren“, sagt Sebastian Marwitz. Im Rahmen der Studie untersuchten die Forschenden Biomaterialien und klinische Daten von mehr als 200 Patienten und Patientinnen. Sie errechneten, dass sich die Therapie durch ihren Algorithmus um viele Wochen verkürzen ließe. „Diese ausgezeichnete Forschungsarbeit wurde bereits hochrangig publiziert und könnte besonders im klinischen Einsatz weiter an Relevanz gewinnen“, heißt es in der Begründung von Jury-Sprecher Wolfram Windisch. Eine prospektive Studie soll die Ergebnisse nun validieren. Die Preisträger heben hervor, dass durch ihre Forschung auch eine exzellente Kooperation zwischen dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und dem DZL zustande gekommen sei. Sie konnten die Ergebnisse ihrer Arbeit bereits im Vorjahr im European Respiratory Journal veröffentlichen.
Neben den Forschungspreisen der DGP wurden im Rahmen eines Symposiums zahlreiche weitere Preise vergeben.
Nachwuchswissenschaftler Fabian Schramm gewinnt DGP-Posterpreis
Für den diesjährigen Posterpreis der DGP musste die Jury aus vier Nominierungen von über 300 Einreichungen den Preisträger wählen.
Dabei wurde der Gießener DZL-Nachwuchswissenschaftler Fabian Schramm mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Die pneumologische Fachgesellschaft würdigte seine Arbeit mit dem Titel „Cellular activities of factor XII in lung fibrosis“ mit dem ersten Platz unter allen Einreichungen des 62. Pneumologiekongresses der DGP. Fabian Schramm forscht am DZL-Standort Gießen im Center for Infection and Genomics of the Lung (CIGL) der Justus-Liebig-Universität Gießen unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Malgorzata Wygrecka an diffus-parenchymatösen und entzündlichen Lungenerkrankungen.
Den dritten Platz belegte DZL-Nachwuchswissenschaftler Ben Ole Staar vom Standort Hannover (BREATH). Er beschäftigte sich mit der Korrelation von Genotyp, Phänotyp und Ultrastruktur bei Erwachsenen mit klinischem Verdacht auf Primäre Ciliäre Dyskenisie (PCD) und inklonklusiver Genetik.
Weiterhin erfolgte die Verleihung der Dissertationspreise Pneumologie 2022 der Deutschen Lungenstiftung e. V. So erhielt die DZL-Nachwuchsforscherin Gizem Günsel Günes vom Münchner DZL-Standort CPC-M für Ihre Arbeit „Role of PRMT7 in the recruitment of monocyte-derived macrophages into lung tissue and COPD pathogenesis“ den Dissertationspreis im Bereich grundlagenorientierte Wissenschaft. Der Dissertationspreis für die beste experimentelle Arbeit wurde an DZL-Nachwuchswissenschaftler Dr. med. Jannik Ruwisch vom Standort Hannover (BREATH) für seine Arbeit „Lung mechanics and beyond – cholesterol related pulmonary remodelling in aging SP-C deficient mice“ verliehen. Beide erhalten ein Preisgeld von jeweils 1.500 Euro und durften ihre Arbeiten im Rahmen des Kongresses vor großem Publikum präsentieren.
Im Rahmen der Preisverleihung wurde zudem der Forschungspreis der René-Baumgart-Stiftung verliehen, der ebenfalls an einen DZL-Forscher geht. Prakash Chelladurai, Wissenschaftler am CIGL – Center für Infection and Genomics of the Lung der Justus-Liebig-Universität Gießen und dem Max-Planck-Institut Bad Nauheim (DZL-Standort UGMLC) wurde für seine Arbeit „Epigenetic reactivation of transcriptional programs orchestrating fetal lung development in human pulmonary hypertension“ ausgezeichnet. Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert.
Auch auf dem DGP-Science Slam war das DZL vertreten. Medizinstudentin Michéle Eberling belegte mit der Präsentation ihrer Arbeit zu pulmonaler Hypertonie (PH) bei Kindern den zweiten Platz. Bei dem innovativen Format erhalten junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Möglichkeit, in einem 8-minütigen Vortrag ihr Forschungsthema auf kreative und zugängliche Art zu präsentieren.
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