UniversitätsKlinikum Heidelberg. Dr. Petros Christopoulos, Facharzt für Onkologie an der Thoraxklinik des Universitätsklinikums Heidelberg, sowie Prof. Dr. Rocio Sotillo vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) wurden beim Wettbewerb um den Takeda-Oncology Forschungspreis jeweils mit dem 1. Platz ausgezeichnet.
Gewürdigt wurden die Arbeiten der beiden Wissenschaftler über genetische Varianten des sogenannten ALK-positiven "nicht-kleinzelligen Lungenkrebses", abgekürzt NSCLC. Der mit jeweils 30.000 Euro dotierte 1. Preis wurde während der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie in Wien verliehen.
Wesentliche Ursache für das Tumorwachstum bei dieser Form des Lungenkrebses ist eine falsche Fusion zweier Gene, bei der das ALK-Gen meistens an ein Gen namens EML4 koppelt. In der Folge produziert die Zelle große Mengen eines krebsfördernden Enzyms. Von der Genfusion existieren jedoch verschiedene molekulare Varianten. Der Preisträger Dr. Petros Christopoulos von der Heidelberger Thoraxklinik fand gemeinsam mit Prof. Dr. Albrecht Stenzinger vom Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Heidelberg heraus, dass die Variante V3 mit einem deutlich aggressiveren Krankheitsverlauf und kürzeren Überleben in Verbindung steht. Zudem konnte gezeigt werden, dass zusätzliche Mutationen im zellulären "Reparatur-Gen" TP53 die Prognose für die Betroffenen weiter verschlechtern. "Das Zentrum für Molekularpathologie hat durch hochmoderne Sequenzierverfahren die Veränderungen im Tumorerbgut bestimmt", sagt Prof. Dr. Albrecht Stenzinger. "Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig die erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit ist, um Tumorerkrankungen besser zu verstehen und dieses Wissen zum Wohle der Patienten einzusetzen."
Neben Dr. Petros Christopoulos erhielt eine weitere Heidelberger Wissenschaftlerin den 1. Preis: Um die oben erwähnten Ergebnisse auf grundlagenwissenschaftlicher Ebene weiterzuverfolgen, hat Prof. Dr. Rocio Sotillo, Leiterin der Kooperationseinheit "Molekulare Grundlagen thorakaler Tumoren" am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) ein Maus-Modell mit der aggressiven Variante (V3) etabliert. Es gelang ihr zu zeigen, dass die gentechnisch veränderten V3-Mäuse tatsächlich an einer schwereren Form des Lungenkrebses erkrankten als Mäuse, in deren Genen eine andere Variante vorlag.
Aufgrund vorangegangener Forschungsarbeiten an der Thoraxklinik und anderen Zentren ist bekannt, dass bei dieser Krebsform durch eine orale Therapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) durchschnittliche Überlebenszeiten von mittlerweile mehr als fünf Jahren erreicht werden können. Die aktuellen Forschungsergebnisse ermöglichen es nun, zwischen Patientengruppen zu unterscheiden: Betroffene mit den genetischen Varianten V1 oder V2 und intakten TP53 Genen profitieren von einer TKI-Therapie länger als diejenigen mit der aggressiven Variante V3 und/oder TP53 Mutationen. "Die neuen klinischen Erkenntnisse und biologischen Modelle schaffen eine Grundlage, um nun für diese Patienten maßgeschneiderte Behandlungsoptionen zu entwickeln", sagt Prof. Dr. Michael Thomas, Chefarzt der Abteilung Innere Medizin-Onkologie und Professor für Internistische Onkologie Thorakaler Tumoren. "Einen weiteren Fokus legen wir auf die Wechselwirkung der molekularen Tumoreigenschaften mit dem Immunsystem, weil sie den Schlüssel zur Heilung darstellt."
Heidelberg ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL), einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Initiative zur Erforschung und Verbesserung der Situation bei wichtigen Volkskrankheiten. Ein wesentlicher Teil der Arbeiten ist im DZL-Kontext durchgeführt worden. Der Heidelberger Verbund (TLRC-H; Translational Lung Research Center Heidelberg) umfasst neben dem Universitätsklinikum und der Thoraxklinik auch das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Europäische Molekularbiologische Labor (EMBL). Schwerpunkte des DZL, an denen die Thoraxklinik maßgeblich mitwirkt, sind Lungenkrebs (Koordination), COPD, Imaging und Biobanking (Koordination).
Die Thoraxklinik-Heidelberg ist eine der ältesten und größten Lungenfachkliniken Europas mit einer über 100 jährigen Geschichte und 310 Planbetten. Als Klinik der Maximalversorgung ist sie seit 2009 als Lungenkrebszentrum der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert. Die Klinik ist Gründungsmitglied des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen Heidelberg (NCT) und arbeitet eng mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) zusammen. Die Thoraxklinik-Heidelberg versorgt als eine Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg Erkrankungen der Lunge und des Brustkorbes.
Jährlich werden ca. 2.300 Operationen im Bereich des Thorax durchgeführt. Alle modernen Diagnose- und Therapieverfahren werden vor Ort angeboten und kontinuierlich weiterentwickelt. Als Partner im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) ist die Thoraxklinik in die standortübergreifende Zusammenarbeit auf dem Feld der Grundlagenwissenschaften und der klinischen Forschung integriert. Die im Jahr 2015 gegründete Thoraxstiftung Heidelberg fördert gezielt Projekte in Wissenschaft, Forschung und Krankenversorgung und Prävention, insbesondere in Bezug auf Erkrankungen der Thoraxorgane.
Originalpressemitteilung des Universitätsklinikum Heidelberg
1. Christopoulos P., et al., EML4-ALK fusion variant V3 is a high-risk feature conferring accelerated metastatic spread, early treatment failure and worse overall survival in ALK+ NSCLC. Int J Cancer, 2018 Jun 15;142(12):2589-2598. doi: 10.1002/ijc.31275.
2. Christopoulos P., et al., EML4-ALK V3, treatment resistance, and survival: refining the diagnosis of ALK+ NSCLC. J Thoracic Dis, 2018 Jun;10(Suppl 17):S1989-S1991. doi: 10.21037/jtd.2018.05.61.
3. Christopoulos P., et al., Identification of a highly lethal V3+TP53+ subset in ALK+ lung adenocarcinoma. Int J Cancer, 2018 Sep 26. doi: 10.1002/ijc.31893 [Epub ahead of print].