Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL) e. V. und 14 weitere medizinische Fachgesellschaften haben sich auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) auf eine gemeinsame Haltung gegenüber der Tabakindustrie geeinigt. Im Rahmen eines neuen Positionspapiers formulierten die beteiligten Organisationen klare Empfehlungen zum Umgang mit der Tabak- und Nikotinindustrie. So lehnen die Fachgesellschaften konsequent Geld- und Sachzuwendungen der Tabakindustrie sowie der Hersteller und Vertreiber neuer Nikotinprodukte wie E-Zigaretten, Tabakerhitzer und Nikotinpouches ab. Ebenso ist die Zusammenarbeit mit Personen und Organisationen untersagt, die von der Tabakindustrie finanziell unterstützt werden oder deren Interessen vertreten. Darüber hinaus fordern die Fachgesellschaften die Offenlegung aller aktuellen oder früheren Verbindungen zu Tabakunternehmen, um Transparenz und die Unabhängigkeit wissenschaftlicher Arbeit zu gewährleisten.
Hintergrund: Schutz der Wissenschaft vor Einflussnahme
Seit Jahrzehnten ist die Tabakindustrie bestrebt, ihren Einfluss auf die Wissenschaft auszuweiten und dadurch das öffentliche Verständnis von Gesundheitsrisiken zu beeinflussen. Ein zentrales Beispiel für diese Strategie ist die sogenannte „Pharmazeutisierung“, bei der Tabakkonzerne wie Philip Morris durch den Kauf pharmazeutischer Unternehmen wie Vectura gezielt die Grenze zwischen Tabak- und Nikotinprodukten und medizinischen Nikotinersatztherapien verwischen. Solche Strategien sollen Regulierungsbehörden verunsichern, die wissenschaftliche Gemeinschaft spalten und die öffentliche Akzeptanz neuer Nikotinprodukte steigern, um das Vertrauen in gesundheitsfördernde Maßnahmen zu untergraben.
Zusätzlich zur Ablehnung jeglicher Kooperation fordert das Positionspapier die wissenschaftliche Gemeinschaft auf, kritisch mit der Einflussnahme der Tabakindustrie auf Forschungsergebnisse umzugehen. Untersuchungen zeigen, dass finanzielle Verbindungen zur Tabakindustrie häufig dazu führen, dass Risiken von E-Zigaretten und anderen Nikotinprodukten heruntergespielt werden. Eine transparente Offenlegung von Interessenkonflikten soll sicherstellen, dass wissenschaftliche Ergebnisse unbeeinflusst und glaubwürdig bleiben.
Gemeinsam für Transparenz und Unabhängigkeit
Das DZL und die unterzeichnenden Fachgesellschaften setzen mit diesem Kodex ein klares Zeichen für eine unabhängige, evidenzbasierte Forschung und rufen weitere wissenschaftliche Organisationen dazu auf, diesen Leitlinien zu folgen. Der Kodex hebt die Verantwortung der medizinischen Gemeinschaft im Schutz der öffentlichen Gesundheit hervor und unterstützt das WHO-Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakkonsums, das Kooperationen mit der Tabakindustrie verbietet. Das Positionspapier ist ab sofort online zugänglich.