Weltweit geht es darum, möglichst schnell Wirkstoffe zu finden, die einen schweren Verlauf von COVID-19 stoppen können und die Überlebenschancen der Patienten verbessern. Hoffnung machen Medikamente, die bereits für andere Krankheiten wie zum Beispiel HIV oder Malaria zugelassen sind und im Labor sowie in einzelnen Heilversuchen Wirkung gegen das neue Coronavirus gezeigt haben. Vier besonders vielversprechende Wirkstoffe oder Wirkstoff-Kombinationen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgewählt, um sie in einem klinischen Studienprogramm in mehreren Ländern zu testen. In Deutschland übernimmt das DZIF gemeinsam mit dem DZL die Aufgabe, diesen Solidarity Trial zu koordinieren. Er wird von allen Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG) unterstützt und vom BMBF gefördert.
Dazu erklärt Bundesforschungsministerin Anja Karliczek: „Ich bin der WHO sehr dankbar für diese wichtige Initiative. Die Corona-Pandemie ist eine globale Herausforderung. Wir müssen daher auch global reagieren. Die Solidarity Studie ermöglicht, dass wir unser Wissen über die Wirkung von bekannten Medikamenten verbessern und weltweit noch besser zusammentragen. Mein ausdrücklicher Dank gilt auch den Forscherinnen und Forschern aus Deutschland, die sich jetzt aktiv an der Studie beteiligen. Sie leisten einen großen Beitrag für unsere Gesellschaft.“
„Wir sind stolz, diesen Mega-Trial der WHO in Deutschland mit leiten zu können“, erklärt Hans-Georg Kräusslich, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung und selbst Virologe von Haus aus. Antivirale Medikamente, die sofort zum Einsatz kommen könnten, würden in dieser Krise dringend benötigt. „Und doch ist es unerlässlich“, betont Kräusslich, „sie in großen klinischen Studien auf Wirksamkeit und Sicherheit zu testen und dann die besten für eine breite Behandlung freizugeben. Werner Seeger, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Lungenforschung, ergänzt: „Es ist verständlich, dass die Kollegen in China unter dem klinischen Druck des Erstausbruchs viele mögliche Therapieansätze – oftmals parallel – zur Anwendung gebracht haben, aber für verlässliche Aussagen zur Eignung dieser medikamentösen Ansätze benötigen wir kontrollierte klinische Studien, wie eben jetzt den WHO Solidarity Trial. Denn es kann ja auch keineswegs ausgeschlossen werden, dass eines oder mehrere der Medikamente nachteilige Effekte auf den klinischen Verlauf haben.“
Was die WHO mit SOLIDARITY in Gang setzt, ist ein noch nie da gewesener Versuch, in extrem kurzer Zeit weltweit belastbare klinische Daten während einer Pandemie zu sammeln. Tausende von Patienten aus verschiedenen Ländern werden die Medikamente in gleicher Weise kontrolliert verabreicht bekommen. Die Mega-Studie ist so konzipiert, dass jede Klinik auch unter größter Belastung daran teilnehmen kann und zur Datensammlung beiträgt. Sobald ein Patient die Teilnahme bestätigt, geht eine Meldung an die WHO, die den Fall dann aufnimmt und einer bestimmten Therapieform zuordnet. Die Ärzte melden dann, wann der Patient die Klinik wieder verlassen hat oder wann er gestorben ist, ob er Sauerstoff benötigte oder beatmet wurde.
Die WHO hat sich für vier Therapien entschieden, die derzeit am vielversprechendsten zu sein scheinen und die die meisten Sicherheitsdaten bereits haben: Remdesivir, ein antiviraler Wirkstoff, der ursprünglich gegen Ebola entwickelt wurde, aber gegen Ebola nicht ausreichend Wirkung zeigte. In Tierversuchen war er gegen Coronaviren wirksam. Als zweites Medikament werden die Malaria-Wirkstoffe Chloroquin (nur außerhalb Europas) und Hydroxychloroquin getestet, die in vitro eine Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 zeigten. Des Weiteren soll eine Kombination aus zwei HIV-Medikamenten, Lopinavir und Ritonavir getestet werden sowie als vierter Arm eine Kombination dieser HIV-Wirkstoffe mit Interferon-beta, einem Botenstoff des Immunsystems, der Viren hemmen kann.
Prof. Dr. Susanne Herold
Justus-Liebig-Universität Gießen
DZL und Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF)
+49 641 985 57061
Prof. Dr. Tobias Welte
Medizinische Hochschule Hannover
DZL und DZIF
+49 511 532 3530
Weitere Informationen sowie der Mitschnitt der Pressekonferenz finden Sie auf der Seite des BMBF.
Quelle: idw