Bundespräsident Gauck ehrte die Forscher für die zukunftsweisende Entwicklung eines Medikaments (Riociguat) gegen Lungenhochdruck…
Der DZL-Forscher Prof. Dr. Ardeschir Ghofrani (Standort UGMLC, Gießen) und seine Kollegen Prof. Dr. Johannes-Peter Stasch und Dr. Reiner Frey (beide Bayer-Konzern) sind mit dem Deutschen Zukunftspreis 2015 für die Entwicklung eines Medikaments („Riociguat“) gegen Lungenhochdruck ausgezeichnet worden. Bundespräsident Joachim Gauck verlieh die mit 250.000 Euro dotierte Auszeichnung gestern Abend in Berlin. Der Deutsche Zukunftspreis ehrt herausragende technische, ingenieur- und naturwissenschaftliche Leistungen, die zu anwendungsreifen Verfahren bzw. Produkten führen. Der Preis wurde in diesem Jahr zum 19. Mal vergeben.
Hocherfreut äußerte Ghofrani: „Ich bin überwältigt, dass wir uns in der Endausscheidung mit unserem Team gegen zwei weitere hervorragende Projekte durchsetzen konnten. Unser neuartiges Medikament schenkt unseren Patientinnen und Patienten mit Lungenhochdruck neue Hoffnung auf Besserung ihrer schweren Erkrankung. Die Entwicklung von Riociguat, das aus einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Gießener Lungenforschungszentrum und den Wissenschaftlern der Firma Bayer resultierte, steht beispielhaft für das Potenzial, welches in strategischen Forschungsallianzen steckt“.
Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech), eine der vorschlagsberechtigten Institutionen des Deutschen Zukunftspreises, hatte das Projektteam „Entspannung für Herz und Lunge – vom Sprengstoff zu innovativen Therapien“ für den Deutschen Zukunftspreis vorgeschlagen.
Die pulmonale Hypertonie (PH), auch Lungenhochdruck genannt, ist eine schwere, fortschreitende und lebensbedrohliche Krankheit der Lunge und des Herzens. Der Blutdruck in den Lungenarterien ist deutlich erhöht, was zu Herzversagen und zum Tod führen kann. Es werden fünf verschiedene Formen der PH unterschieden. Das Team um Prof. Dr. Ardeschir Ghofrani hat ein Medikament zur Behandlung von zwei lebensbedrohlichen Formen des Lungenhochdrucks, der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) und des chronisch thromboembolischen Lungenhochdrucks (CTEPH) unter führender Beteiligung von DZL-Wissenschaftlern entwickelt. Das innovative Medikament kann den von der schweren Erkrankung Betroffenen erhebliche Besserung verschaffen - für den chronisch thromboembolischen Lungenhochdruck (CTEPH) ist das Arzneimittel aus Deutschland die erste verfügbare medikamentöse Therapie.
Die Erforschung des Wirkmechanismus des Medikaments beruht auf einer 130 Jahre alten Therapie mit Nitroglycerin: Initial als Sprengstoff verwendet, wird es bei Angina pectoris eingesetzt. Im Körper setzt es Stickstoffmonoxid (NO) frei, das die Gefäße erweitert und den Blutdruck senkt, aber auch sehr schnell abgebaut wird. NO wird auch vom Körper selbst gebildet. Patienten mit Lungenhochdruck bilden zu wenig NO und der Druck in den Lungenarterien steigt.
Der innovative Wirkstoff dagegen stimuliert direkt ein Enzym namens lösliche Guanylatcyclase (sGC) und beeinflusst es gleichzeitig so, dass es auf das körpereigene NO sensibler reagiert. Die sGC nimmt im Herzkreislauf-System eine Schlüsselfunktion ein und reguliert wichtige physiologische Prozesse, wie zum Beispiel die Erweiterung von Blutgefäßen. Medikamente, welche die sGC direkt stimulieren und somit die Wirkung von NO verstärken oder gar ersetzen können, stellen eine hoffnungsvolle Therapie für Lungenhochdruck dar.
Mittlerweile mehren sich in der Wissenschaft die Anzeichen dafür, dass sGC-Stimulatoren auch bei vielen anderen Herz-Kreislauferkrankungen positive Wirkungen haben können, wenn diese mit einer Störung des NO-sGC-Signalwegs einhergehen. In einer weltweiten strategischen Kooperation arbeitet Bayer mit seinem Partner MSD an einem umfassenden Studienprogramm zur Untersuchung dieses Potenzials.
Riociguat ist im März 2014 von der europäischen Kommission zugelassen worden. Inzwischen ist das Präparat in mehr als 50 Ländern zugelassen, darunter die USA und Japan.
Prof. Ghofrani ist Co-Koordinator des Krankheitsbereichs „Pulmonale Hypertonie“ (Lungenhochdruck) und Mitglied im Clinical Trial Board (Ausschuss für klinische Studien) des Deutschen Zentrums für Lungenforschung. Im Herbst hat der renommierte Forscher zudem einen Ruf auf die W3-Professur für „Pulmonary Vascular Medicine“ an der Justus-Liebig-Universität Gießen, DZL-Standort „Universities of Giessen and Marburg Lung Center“ (UGMLC) angenommen.
Prof. Dr. Ardeschir Ghofrani, Professor für Pulmonary Vascular Medicine
UGMLC/ECCPS/DZL, Aulweg 130, 35392 Gießen
Tel.: 0641 99-42422
E-Mail: ardeschir.ghofrani@innere.med.uni-giessen.de
Zur ausführlicheren Pressemitteilung der Justus-Liebig-Universität Gießen
Video zur Verleihung des Deutschen Zukunftspreises beim ZDF (2. Dez. 2015 in Berlin)
Video zum Projekt „Entspannung für Herz und Lunge – vom Sprengstoff zu innovativen Therapien“ (Mit Erklärung des Wirkstoffprinzips)